Das Prinzip des biointensiven Gemüseanbaus
Der biointensive Gemüsebau ist bisher vor allem in Kanada, den USA und Japan bekannt. Sein historisches Vorbild sind die Pariser Marktgärtner des 19. Jahrhunderts, die in der Lage waren in einem Grüngürtel um Paris ganzjährig ausreichend Gemüse anzubauen, um die Bevölkerung von Paris damit zu versorgen. Pioniere des modernen biointensiven Anbaus sind vor allem Alan Chadwick in den 60er-Jahren, die Ecology-Action-Bewegung aus den 70er-Jahren und Eliot Coleman in den 90er-Jahren in den USA, sowie Jean Martin Fortier in den vergangenen Jahren in Kanada und Charles Dowding in Groß-Britannien.
Ziel ist es, auf kleinster Fläche durch ökologische Methoden maximalste Erträge zu erzielen. Durch eine intensive Kompostwirtschaft, eine ausgeklügelte Fruchtfolge, einen Beetanbau auf fixen Beeten, die nicht betreten werden, eine in der Regel nur oberflächliche, nicht-wendende Bodenbearbeitung und einen gezielten Einsatz von Gründüngung wird eine hohe Bodenfruchtbarkeit erreicht. Diese, zusammen mit engen Pflanzabständen, Jungpflanzen statt Direktsaat, 2 bis 4 Kulturen pro Jahr und Beet und dem Verzicht auf den Einsatz von großen Traktoren, ermöglichen eine sehr hohe, ressourcenschonende Produktivität auf kleinster Fläche.
Folientunnel erlauben den Anbau von wärmeliebenden Kulturen, wie Tomaten und Auberginen, aber auch eine Verlängerung des Erntezeitfensters außerhalb der Vegetationszeiten.
Der Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel und leicht lösliche Dünger ist selbstverständlich.
Biointensiver Gemüseanbau im Gemüsegarten Hoxhohl
Blickpunkt: Fruchtfolge
Auf festen Beeten wird eine mehrjährige Fruchtfolge etabliert, die die vorhandenen Nährstoffe optimal ausnutzt. Sie besteht aus mehreren Gliedern, in die jeweils die Gemüsearten einer oder mehrerer Familien zusammengefasst werden und die auf der Fläche rotieren. Das stellt sicher, dass ausreichend zeitlicher Abstand zwischen dem wiederholten Anbau von z.B. Kohl liegt und verhindert das Auftreten bestimmter Krankheiten. Gemüsearten mit nur kurzer Kulturdauer wie z.B. Radieschen oder Kohlrabi werden vor oder nach der jeweiligen Hauptkultur angebaut. Flächen, die gerade gemüsebaulich nicht gebraucht werden (z.B. über Winter oder zwischen zwei Kulturen), werden mit Zwischenfrüchten oder Gründüngungsmischungen eingesät. Ziel ist, dass der Boden nur so selten und kurz wie möglich ohne Pflanzendecke brach liegt, um Erosion durch Wind und Wasser und Nährstoffauswaschung oder –verlagerung zu verhindern. Gleichzeitig soll der Boden möglichst dauerhaft vielfältig durchwurzelt sein, damit das Bodenleben ausreichend Nahrung zur Verfügung hat.
Blickpunkt: Sortenwahl, Saatgut und Jungpflanzen
Die angebauten Gemüsesorten müssen mehrere Kriterien erfüllen: Oberstes Gebot ist, dass sie samenfest und damit nachbaufähig sind. Zum einen soll damit die Abhängigkeit der Lebensmittelerzeugung von nur wenigen Firmen durchbrochen werden, zum anderen die große biologische Vielfalt der Nutzpflanzen mit erhalten werden. An zweiter Stelle folgt die Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten. Das ist besonders wichtig, da wir weitestgehend auf Pflanzenschutzmittel verzichten wollen (auch auf natürliche). Drittes Kriterium ist der Geschmack, denn was bringt es, wenn sich die Sorten zwar nachbauen lassen und gesund sind, aber nicht schmecken. Dinge wie ein hohes Ertragspotenzial, gleichmäßige Optik und lange Standfestigkeit, die bei einer Vermarktung z.B. über den Großhandel von höchster Bedeutung wären, können durch die solidarische Landwirtschaft zugunsten der oben genannten Kriterien vernachlässigt werden. Saatgut für die Direktsaat wird von bewährten Saatgutfirmen bezogen, die ausschließlich samenfeste Sorten biologisch entwickeln, vermehren und vertreiben. Dazu gehören die Firmen/Vereine Bingenheimer Saatgut, Sativa Rheinau und Dreschflegel.
Jungpflanzen beziehen wir alle zwei Wochen von unserem geschätzen Kollegen Georg Kaffenberger in Reichelsheim-Gersprenz, der als Gärtnermeister einen großen Erfahrungsschatz im ökologischen Freilandanbau besitzt.
Blickpunkt: Technik und Geräte
Der von uns eingesetzte Traktor ist nicht nur extrem klein und wendig, sondern hat genau so viel Platz zwischen seinen Rädern, dass sie nur auf den Wegen zwischen den Beeten fahren. Dadurch kann im Wurzelraum der Gemüsekulturen eine tiefgehende Bodenverdichtung vermieden werden. Unser wichtigstes Anbaugerät ist eine nur 75 cm breite Kreiselegge, die wir zur Einarbeitung von Gründüngung und zur Beetvorbereitung verwenden. Gehackt wird von Hand mit Pendel- oder Bügelhacke.
Blickpunkt: Düngung und Pflanzenschutz
Gedüngt wird mit Kompost, der anfangs zugekauft werden muss, mittelfristig aber selber vor Ort aus Ernteresten und Grüngut hergestellt werden soll. Bei nährstoffbedürftigen Kulturen planen wir Pferdemist von den umliegenden Pferdepensionsbetrieben einzusetzen.
Wir versuchen vor allem vorbeugenden Pflanzenschutz zu betreiben, in dem wir den Boden nachhaltig pflegen und eine Überdüngung und damit Schwächung der Pflanzen vermeiden. Wir säen und pflegen Blumen- und Kräuterstreifen, um Nützlinge anzuziehen. Im Falle des Falles setzten wir ausschließlich im Ökolandbau zugelassene Pflanzenschutzmittel ein.